Eine Risikoschwangerschaft liegt vor, wenn einer oder mehrere definierte Risikofaktoren vorliegen oder während der Schwangerschaft erworben werden. Das führt dazu, dass in Deutschland beinahe 35 % der Graviditäten als Risikoschwangerschaft klassifiziert werden. Die Risikofaktoren werden von einer Hebamme in einem Anamnesegespräch erfragt und in dem Mutterpass dokumentiert.
In unserer Gesellschaft führt häufig das Alter (unter 18 Jahre oder über 35 bzw. 40 Jahre) dazu, dass eine Risikoschwangerschaft vorliegt. Weitere Faktoren sind Mehrlingsschwangerschaften, Komplikationen bei früheren Schwangerschaften, Zustand nach einer Sterilitätsbehandlung oder mehr als eine vorausgegangene Fehlgeburt. Ebenso wird ein anhaltender Medikamenten-, Alkohol-, Nikotin- oder Drogenkonsum berücksichtigt. Auch mütterliche Erkrankungen, die schon vor der Schwangerschaft vorlagen oder in dieser erstmalig auftreten, sind von großer Bedeutung, geachtet wird z.B. auf Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Infektionen (während der Schwangerschaft können diese zu einer Cervixinsuffizienz und Frühgeburtlichkeit führen), Niereninsuffizienz, Gerinnungsstörungen und andere akute Allgemeinerkrankungen, welche zu einer Gefährdung des ungeborenen Kindes führen können. Ebenso kindliche Risikofaktoren müssen berücksichtig werden, z. B. Lageanomalien, Rhesus-Inkompatibilität und Veränderungen des Fruchtwassergehaltes als Indiz auf Stoffwechsel- und Organerkrankungen.
Liegt eine Risikoschwangerschaft vor, so werden mehr als die gesetzlich geregelten allgemeinen Vorsorgeuntersuchung und meist auch mehr als die vorgeschriebenen drei Ultraschall-Untersuchung durchgeführt, um rechtzeitig kindliche Veränderungen oder Abweichungen in der Fruchtwassermenge zu erkennen. Besonders dicht am errechneten Geburtstermin werden die Schwangerschafts-Kontrollen ein bis mehrmals wöchentlich durchgeführt, vor allem über die Aufzeichnung der fötalen Herztöne kann ein Stresszustand des Kindes frühzeitig erkannt werden. Die Schwangere selbst sollte auf eine ausreichende Trinkmenge und gesunde Ernährung achten, um Infektionen vorzubeugen. Auch Stress und exzessiver Sport stellen eine Gefahr dar, da diese zu vorzeitigen Wehen führen können. Jede Risikoschwangere sollte zur Selbstmessung des Urins mit Teststreifen (auf z. B. Eiweiß und Glukose), zur Blutdruckkontrolle und Körperbeobachtung angeleitet werden, da im Rahmen einer Risikoschwangerschaft die Inzidenz von Gestosen („Schwangerschaftsvergiftungen“) signifikant erhöht ist. Hinweise sind z. B. Sehstörungen durch einen erhöhten Blutdruck und Eiweißverluste über die Nieren mit daraus resultierenden Wasseransammlungen (Ödeme) in den Beinen.
Besonders zu empfehlen ist eine Anbindung an eine Risikoschwangeren-Sprechstunde in einer Klinik für Geburtshilfe mit einer neonatologischen Einheit. Denn treten trotz aller Vorsicht Komplikationen auf, ist das geschulte Personal in der Lage, umgehend zu Handeln und ggf. die Geburt einzuleiten oder die Schwangere per Kaiserschnitt zu entbinden.
In der heutigen Medizin ist es mit optimaler Vorsorge, engmaschiger Schwangerschaftsüberwachung und fortgeschrittener Therapie trotz größter Risiken meist möglich, nach der Geburt ein gesundes Kind in den Armen zu halten.